FAQ

Einige Fragen zum Thema Gesangsunterricht tauchen immer wieder auf. Hier habe ich die „beliebtesten“ versammelt:

Kann eigentlich jeder singen lernen?

Ja! Jede:r hat eine Stimme und kann damit singen lernen. Immer im Rahmen der Möglichkeiten, die Stimmmaterial, Geschick im Umgang mit der Stimme und künstlerische Kreativität, aber auch äußere Umstände zulassen.

Und lohnt sich Unterricht bei mir überhaupt?

Diese Frage können nur sie selbst beantworten. Die Antwort hierauf hängt von den Vorstellungen ab, die der/die Einzelne davon hat, wie guter Gesang zu klingen hat und ob man durch Unterricht in die Lage versetzt werden wird, den eigenen Maßstäben und Ansprüchen annähernd gerecht zu werden.

Wer mit dem Singen liebäugelt, sollte sich vor allem fragen: Was möchte ich erreichen? Möchte ich mich auf eine Aufnahmeprüfung vorbereiten? Meine Leistungen beim Chorgesang verbessern? Lernen, Töne sauberer zu treffen? Mich überwinden, vor Anderen zu singen? Oder einfach nur Freunde im Moment des Singens haben? Hält man die Umsetzung der Ziele für möglich, sollte sich das Singenlernen lohnen!

Muss ich Noten lesen können, um Gesangsunterricht zu nehmen?

Zunächst einmal nicht. Prinzipiell ist das Verständnis der Notenschrift für das Singenlernen nicht zwingend erforderlich. Dennoch stößt man ohne eine zumindest grundsätzliche Notenkenntnis schnell an Grenzen.
Schon bei einfachen Gesangsübungen kann man schnell den Überblick verlieren, wenn man alle seine Übungen und die dazugehörigen Anweisungen und Bilder allein im Kopf speichern möchte. Auch die Aufnahme der Übungen mithilfe eines Aufnahmegeräts hilft hier nur bedingt.

Die eigene Interpretation wird ohne Notenkenntnis schwierig

Noch schwieriger wird es, wenn man neue Musikstücke einstudieren und interpretieren möchte. In der Regel liegen diese in gedruckter Form vor. Mit den Mitteln des Internets oder über Tonträger findet man heutzutage zwar schnell ein Klangbeispiel oder Video, doch kann und sollte man danach lernen? Wie kann man wissen, ob das, was der/die jeweilige Künstler:in macht, so in den Noten steht, vom Komponisten oder Songwriter so gedacht oder gewollt ist und ob die Interpretation angemessen ist? Gedruckte Noten stellen eine Basis dar, aufgrund derer wir uns mit der Frage nach unserer eigenen Interpretation des jeweiligen Stückes auseinandersetzen können. Beim – in der Regel unkritischen – Abhören und Lernen über Tonträger lernt man über die Töne und Worte hinaus unbewusst immer auch die Interpretation des/der Ausübenden mit. Wir kopieren, werden zum „nachplappernden Papageien“ anstatt auszudrücken, was wir selber sagen, erzählen und vermitteln möchten. Über kurz oder lang ist es daher für jeden, der sich ausübend mit Musik beschäftigt, unabdingbar, sich mit Musiknotation auseinanderzusetzen.

 Notenlesen ist anders als Lesen und Schreiben von Sprache

Muss man nun eine neue „Sprache“ pauken? Nein! Das Lesen von Noten ist nicht mit dem Erlernen von Schriftsprache gleichzusetzen ist, an dessen Endpunkt das flüssige Lesen Schreiben steht. Die Fähigkeit Noten zu lesen ist immer graduell. Ein:e Anfänger:in wird beispielsweise zunächst die Grundstrukturen der Notation lernen und zunächst die Noten kennelernen, die er/sie braucht. Auf einem höheren Level hat man einen größeren Überblick über die Musiknotation und kann sich neue Stücke auf einem Instrument vorspielen. In einem fortgeschrittenen Stadium kann man eine notierte Melodie ohne Instrument in der Vorstellung entstehen lassen, noch später die dazugehörigen Harmonien mitklingen lassen. Einige Berufsmusiker wie Dirigenten können ganze Musikpartituren mit einer Vielzahl von gleichzeitig spielenden Instrumenten im inneren Ohr hören. Wichtig ist, dass jede:r sein Maß an notwendiger Notenkenntnis findet.

Notenlesen kann man lernen

Für das Erlernen von Noten stehen inzwischen viele Bücher und Selbstlern-Kurse zur Verfügung. Bei Bedarf kann die Vermittlung von musikalischen Grundlagen und Notationskunde auch in den Gesangsunterricht miteinbezogen werden. Einen Crashkurs „Notenlesen für AnfängerInnen“ gebe ich zweimal jährlich an der Bergischen VHS.

Muss ich ein Instrument spielen können?

Nein, aber es kann sehr hilfreich sein! Denn wer ein Instrument lernt, wird zwangsläufig mit Notenschrift konfrontiert und findet in der Regel auch einen schnelleren Zugang zu ihr.  Außerdem wird der Umgang mit gedruckten Noten viel leichter, wenn man sie sich mit einem Instrument vorspielen kann.

Kann man Singen nicht auch mithilfe von YouTube-Videos, Lern-CDs oder aus Büchern lernen?

Ein klares „Nein“! Das Angebot an Video-Tutorials, Selbstlern-Kursen und Printerzeugnissen zum Thema Singen ist in den vergangenen 20 Jahren geradezu explodiert. Grundsätzlich ist das eine großartige Sache, denn so kann man sich eine Unmenge an Tipps holen. Aber es gibt drei gewichtige Gründe, warum es eine schlechte Idee ist, diesen Weg als alleinige Lösung zu wählen.

1. Tutorials wissen nicht, was Du brauchst

Man singt los und bemerkt: hier und da klappt noch nicht so gut. Es klingt nicht schön oder fühlt sich nicht gut an. Aber woran liegt es? Und welches Tutorial hilft jetzt? Gesangslehrer:innen hören Dir an dieser Stelle zu, analysieren das Problem und kennen unterschiedliche Wege, es zu verbessern oder ganz zu beheben. Kein Video und kein Buch leisten diese Arbeit, da sie Dir nicht zuhören können. Das Wissen darum, was Du gut machst und was die Hauptprobleme sind, ist aber elementar für die Auswahl und Ausführung der Übungen, wenn man sich dauerhaft verbessern will.

2. Tutorials korrigieren Dich nicht

Mit einem Übetrack mitzusingen macht Spaß; um so mehr, wenn man per Video von einen charismatschen Vorbild dabei angefeuert wird. Singenlernen ist aber mehr als das Herauf- und Heruntersingen von Tonleitern und Dreiklängen. Viel wichtiger ist es, zu wissen worauf man vor und während des Singens individuell achten muss. Dass man weiß, WIE man die Übung singt. Welche körperlichen Vorbereitungen man treffen muss und welche mentalen Vorstellungen dem Ton helfen. Und dass man das Ergebnis auch kontrolliert. Stimmen generell alle Töne? Singe ich vielleicht zu hoch oder zu tief? Klingt es wirklich so, wie ich den Ton mit meinen Ohren wahrnehme? Habe ich wirklich umgesetzt, was ich verbessern wollte? Ohne individuelle Hilfestellung und ohne ein kontrollierendes „Ohr von außen“ ist das – besonders zu Beginn der Singenlernens – kaum möglich. Im schlimmsten Fall trainiert man nur das, was man ohnehin schon kann. Inklusive der Fehler.

3. Tutorials sind nicht auf Deine individuellen Bedürfnisse zugeschnitten

Übungen in Tutorials beginnen meist in einer Tonart, die viele einigermaßen bequem finden. Manchmal gibt es unterschiedliche Übesequenzen für hohe und tiefe Stimmen oder es wird zwischen Männern und Frauen unterschieden. Mit ein Bisschen Glück passte es.  Aber ist das auch die Tonart, in der Du persönlich diese Übung optimal singen kannst? Und wie weit muss man eigentlich im Übetrack nach oben oder unten mithalten? Klar, der Ehrgeiz gebietet, alles mitzusingen! Aber ist das wirklich sinnvoll? Gesangslehrer:innen hören, was sie einer Stimme abverlangen können. Sie starten da, wo es für Dich am Besten ist und wissen, welche Tonhöhen und -tiefen Deiner Stimme zuträglich sind. Sie finden auch heraus, ob Du eine Übefolge besser von unten nach oben oder umgekehrt singen solltest. Sie wissen, welcher Vokal bei Dir am Besten „sitzt“ und ob Du in einer anderen Lage vielleicht lieber erst einmal einen anderen probieren solltest. Außerdem helfen Sie Dir bei der Suche nach für Dich passenden Bildern und Assoziationen, mit denen Du Deine Stimme indirekt steuern kannst. Tutorials finden hier ihre ultimative Grenze.

 

In welchem Alter ist Gesangsunterricht sinnvoll?

Für das Singen brauchen wir unseren Kopf und unser Stimmorgan. Beides haben wir unter normalen Umständen unser Leben lang. Daher gibt es keinen Grund, in irgendeinem Alter nicht zu singen, wenn man mal von einer sehr kurzen Phase während des Stimmwechsels in der Jugendzeit absieht. Übungen, Repertoire und Übezeit müssen hierbei selbstverständlich dem generellen Entwicklungsstand und den körperlichen Möglichkeiten angepasst sein.

Bin ich zu alt zum Singen?

Gerade ältere Menschen haben oft Bedenken, ob ihre Stimme noch zu verbessern sei. Durch lebenslange Benutzung und hormonelle Veränderungen hat sich die Stimme verändert, klingt nicht mehr so wie früher und ist evt. nicht mehr so leistungsfähig und belastbar. Dabei sollte man bedenken, dass das Stimmorgan genau wie unser übriger Bewegungsapparat hauptsächlich aus Knorpeln, Bändern und Muskeln besteht, die prinzipiell immer trainierbar sind. Aus dem Sport wissen wir, dass uns das Training in jungen Jahren leichter gefallen ist und die Leistungen besser waren. Dennoch würde es uns nicht einfallen, uns in späteren Jahren gar nicht mehr zu bewegen!

Mit der Stimme verhält es sich wie mit unserem Bewegungsapparat: sie profitiert vom Singen, wenn wir sie entsprechend fördern. Die Verbesserung der Gesangsstimme hängt dabei deutlich von einem verbesserten gesangstechnischen Umgang mit ihr ab, und der ist glücklicherweise weitestgehend altersunabhängig! So kann es beispielsweise sein, dass man durch kontinuierliches Üben im Alter besser singt als in jungen Jahren.

Ich habe Probleme mit meiner Stimme. Kann Gesangsunterricht mir helfen?

Manche Menschen möchten auf dem Weg über Gesangsunterricht alltägliche Probleme mit ihrer Sprechstimme wie beispielsweise z.B. Hauchigkeit oder mangelnde Belastbarkeit verbessern oder beheben. Andere klagen über z.T. erhebliche Probleme beim Singen wie z.B. den Verlust eines Teils des Stimmumfangs oder Heiserkeit.

Ob Gesangsunterricht in solchen Fällen hilfreich ist, hängt davon ab, ob das auftretende Problem eine Ursache hat, das sich durch Übungen verbessern lässt. Um das herauszufinden, ist eine Untersuchung durch eine:n HNO-Arzt/-Ärztin von Nöten. Können anderweitig zu behandelnde Krankheiten ausgeschlossen werden und gibt von medizinischer Seite aus keine Einwände gegen das Singen, so steht dem Unterricht nichts im Wege.

Stimmbildung oder Gesangsunterricht: wo ist da der Unterschied?

Eine berechtigte Frage! Schließlich wird die Stimme ja auch im Gesangsunterricht gebildet. Ich möchte hier eine einfache, praktisch orientierte und sicher nicht allgemeingültige Antwort geben:

Während Gesangsunterricht in der Regel als Einzelunterricht über einen längeren Zeitraum stattfindet, bei dem intensiv und individuell an der stimmtechnischen und musikalischen Entwicklung einer Person gearbeitet wird, wird Stimmbildung meist zeitlich begrenzt als Gruppenunterricht erteilt, bei welchem allgemein hilfreiche gesangstechnische Übungen häufig zwecks Verbesserung des Gesamtklangs der Gruppe geübt werden.

Bei meinem stimmbildnerischen Unterricht bemühe ich mich trotzdem, Übungen so auszuwählen und zu erläutern, dass auch die einzelne Person möglichst großen Nutzen daraus für sich zieht. Gesangsunterricht ist gegenüber der Stimmbildung jedoch ungleich intensiver und individueller.

Aus dem Ablauf einer stimmbildnerischen Übungsstunde lässt sich in meinem Fall keine Schlussfolgerung über den Ablauf einer Gesangsstunde ziehen.